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Das
Schwerpunktthema am Sonntag, 30. November 2003
Heiler
einbeziehen
Wir
könnten viel,
wenn wir zusammenstünden!
Friedrich von Schiller,
Wilhelm Tell (1804), 1. Akt, 3. Szene
Wem
unklar ist, wozu Geistiges Heilen ins Gesundheitswesen integriert
werden muss, der sollte einmal mit Jost Kundert sprechen
– denn sprechen kann er inzwischen wieder. Vor drei
Jahren hingegen, als er ins Kantonsspital Glarus eingeliefert
wurde, hatte der Bauer aus dem Glarner Land seine Stimme
verloren, und laufen konnte er auch nicht mehr. Ein Vierteljahr
lang fand kein Arzt die Ursache dafür, keiner wusste
dem Mann zu helfen. Doch in der Klinik traf Kundert auf
eine Geistheilerin, die dort seit Jahren mithelfen darf.
Sie „sah“ ihn von einer weissen Wolke umgeben
– und er erinnerte sich an einen geplatzten Sack Düngemittel.
Zwei Stunden später, nach einer einzigen Sitzung, war
der Landwirt vollständig geheilt.
Was Professor Dr. Kaspar Rhyner, Chefarzt der Inneren Abteilung
des Kantonsspitals Glarus, beim Basler „Weltkongress“
über die unorthodoxe Zusammenarbeit mit der Heilerin
berichten wird, deckt sich mit Erfahrungen, die der Basler
Psychiater Dr. Jakob Bösch mit der slowenischen Heilerin
Graziella Schmidt machte, nachdem er ihr im Rahmen eines
Forschungsprojekts über Geistiges Heilen in der Psychiatrie
die Chance gab, sich um psychisch Schwerstkranke zu kümmern:
„Von der Zusammenarbeit zwischen geistigen Heilern
und Schulmedizinern können beide Seiten profitieren.
Die einen erlernen dabei kritisches Denken, die anderen
Intuition.
Am meisten profitieren Patienten. “Leitende Ärzte
mehrerer russischer Kliniken sind voll des Lobes darüber,
was der neuseeländische Heiler Cliff Sanderson Anfang
der neunziger Jahre bei Hunderten von vermeintlich „Austherapierten“
bewirkte – teils in Moskau, teils in der Tschernobyl-Region,
wo er sich um radioaktiv Verstrahlte kümmerte. „Wir
haben zur Kenntnis nehmen müssen, dass am paranormalen
Heilen etwas dran ist“, äusserte sich der Chefarzt
des städtischen Krankenhauses „de Venere“
in Bari, nachdem er deitalienischen Psychologen und Heiler
Dr. Nicola Cutolo monatelang dort arbeiten liess: „Wir
haben bei fast jedem Krankheitsfall positive Ergebnisse
beobachten können“.
Geistheiler
in Kliniken, Seite an Seite mit Chefärzten: Zumindest
in Kontinentaleuropa ist dies vorerst noch eine Rarität,
anders als in Grossbritannien, wo schon Ende der fünfziger
Jahre fast 200 Krankenhäuser ihre Tore für Geistheiler
öffneten; bis 1992 waren bereits 1500 britische Kliniken
für Heiler zugänglich. Doch auf vielerlei anderen
Ebenen finden auch in der Schweiz und Deutschland beide
Seiten immer häufiger zueinander. Vielerorts dürfen
Heiler in Arztpraxen gelegentlich oder ständig mitarbeiten,
wie bei dem deutschen Radio-logen Dr. Horst Schöll
oder bei dem Basler Internisten Dr. Beat Schaub, der auf
die Fähigkeiten von Horst Krohne schwört. (Den
Anstoss dazu gab übrigens der Basler „Weltkongress“
2001: Innerhalb eines „48-Stunden-Tests“ befreite
Krohne Schaubs 12jährigen Sohn auf Dauer von einer
schweren Lebensmittelallergie – mit einer einzigen
Sitzung.)
Immer
mehr Ärzte empfehlen Patienten, für die sie selbst
zuwenig tun können, an Geistheiler ihres Vertrauens
weiter, schicken schwerkranke Angehörige und Bekannte
dorthin - und scheuen sich nicht, notfalls auch selber „spirituelle“
Hilfe in Anspruch zu nehmen. Immer mehr Ärzte erlernen
Geistiges Heilen, um es anschliessend bei ihren eigenen
Patienten anzuwenden: Allein 34 absolvierten in den vergangenenen
sechs Jahren die Ausbildung in „Bioenergetischer Meditation“
bei Viktor Philippi – fünf von ihnen werden am
„Weltkongress“ teil-nehmen. Und auch die Referenten
Dr. med. Robert Ennemoser, Dr. med. Dorothea Fuckert, Dr.
med. Verena Schmuckermeier vereinigen Schulmedizin und Geistiges
Heilen in einer Person.
Kritiker
wähnen, all das sei verfrüht. Sollte nicht erst
noch wissenschaftlich belegt werden, dass Geistiges Heilen
tatsächlich wirkt? Aber solche Forschungen liegen längst
vor – darunter weit über hundert Doppelblind-studien,
die Placeboeffekte ausschliessen – und warten darauf,
in akademischen Fachkreisen endlich zur Kenntnis genommen
zu werden. - Müsste nicht erst noch geklärt werden,
wie Geistiges Heilen funktioniert? Aber ein nützliches
Werkzeug einzusetzen, setzt keineswegs voraus, seine Wirkungsweise
zu verstehen. Andernfalls hätten Akupunktur und Homöopathie
bis heute mit einem Anwendungsverbot belegt werden müssen.
Und das weltweit erfolgreichste Arzneimittel überhaupt,
Acetylsalicylsäure („Aspirin“), wäre
85 Jahre zu früh auf den Markt gekommen: So lange dauert
es nämlich, bis seine Wirkungsweise vollständig
aufgeklärt war.
Geistheiler werden die konventionelle Medizin freilich nicht
bloss um den Einsatz einer mysteriösen „Heilenergie“
bereichern, die physikalisch erst noch ergründet werden
muss. Sie haben weitaus mehr einzubringen, wie beim „Weltkongress“
unter anderem Referent(inn)en wie Chris Griscom (USA), Jasmuheen
(Australien), Bjoern Axel Rudi (Schweden), Pamela Sommer-Dickson
(CH), Malcolm Southwood (GB) oder Harald Wessbecher (D)
betonen werden: ein erweitertes Menschenbild, ein umfassenderes
Verständnis der Entstehung von Krankheit und der Voraussetzung
für Genesung – und eine besondere Art und Weise,
mit Hilfsbedürftigen umzugehen, die Wärme, Sinn
und Hoffnung gibt. „Letztlich ist es die Liebe, die
heilt“, sagt Pamela Sommer-Dickson – und auf
ein solches Therapeutikum warten die „Behandlungsresistenten“
des herkömmlichen, technomanisch entseelten Medizinbetriebs
mindestens ebenso dringend wie auf noch perfektere Mikrochirurgie.
Wie
und wann wird Geistiges Heilen Anerkennung finden? Bekennender
Esoteriker an der Spitze von Gesundheitsministerien, Ärztekammern
und Pharmakonzernen harren wir vermutlich vergebens. Impulse
werden eher von Krankenkassen ausgehen, sobald sie in Modellversuchen
feststellen, welches Einsparungspotential hier brachliegt
– und von niedergelassenen Ärzten, die unter
dem Nachfragedruck von Patienten ihr Behandlungs-repertoire
erweitern. Millionen von Jost Kunderts warten darauf. (HW)
1
Jakob Bösch, „Sensitivität und geistiges
Heilen in der Psychiatrie und Psychotherapie“, in
H. Wiesendanger (Hrsg.): Geistiges Heilen für eine
neue Zeit – Vom „Wunderheilen“ zur ganzheitlichen
Medizin, Kösel: München 1999, S. 243-264,
dort S. 261.
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