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Das
Schwerpunktthema am Samstag, 29. November 2003
Heiler
testen
Wer
prüft, mehrt das Wissen;
wer glaubt, vermehrt den Irrtum.
Lokman, Fabeln
Dreimal
schon – 1994, 1998 und 2001 – machten die Organisatoren
der Basler „Welt-kongresse für Geistiges Heilen“
die Probe aufs Exempel: Unter ärztlicher Aufsicht liessen
sie insgesamt 55 Heiler rund 150 chronisch Kranke betreuen.
Obgleich aus schulmedizinischer Sicht „austherapiert“,
machte die Mehrzahl der Patienten unerwartete Fortschritte.
Acht Wochen Handauflegen führte in acht von neun Fällen
zu teilweise spektakulären Besserungen, selbst bei
metastasiertem Knochenkrebs; ein Junge mit langjährigem
Asthma bronchiale erlebte schon nach der allerersten Sitzung
eine Spontanremission.
Auch
von einem fünfmonatigen „Fernheil-Test“,
in Zusammenarbeit mit der Universität Freiburg, profitierte
ein Grossteil der Beteiligten nicht nur hinsichtlich ihrer
psychischen Verfassung und ihrer Lebensqualität, sondern
auch, was ihre schweren körperlichen Symptome betraf.
Zahlreichen Patienten mit hartnäckigen Allergien, chronischem
Asthma und schweren Bewegungseinschränkungen konnten
drei Heiler während des 5. Basler „Weltkongres-ses“
helfen – innerhalb von nur 48 Stunden.
Alle
drei Tests belegten eindrucksvoll, dass Geistheiler nicht
nur nach eigenem Gutdünken und den Einschätzungen
ihrer Klienten Hervorragendes leisten können, sondern
auch im Urteil von kritisch prüfenden Ärzten.
Systematisch erfasst und statistisch ausgewertet werden
ärztlich dokumentierte Behandlungserfolge von Geistheilern
seit kurzem im Rahmen des Projekts Coaching for Health,
das der Basler Internist Dr. Beat Schaub bei den „Basler
Psi-Tagen“ vorstellen wird.
Beruhen solche Erfolge samt und sonders auf Suggestion und
dem „Placebo-Effekt“ – der heilsamen Wirkung
des starken Glaubens an Heilung, wie Kritiker argwöhnen?
Doch dreierlei Heiler-Tests schliessen solche psychologischen
Einflüsse aus:
- Doppelblindstudien, bei denen weder die Patienten noch
die beteiligten Ärzte wissen, ob und
wann jemand „geistig“ behandelt wird. Seit den
sechziger Jahren befassten sich weltweit schon über
hundert derart angelegte Untersuchungen mit Geistigem Heilen.
Seit Frühjahr 2002 läuft, von der Europäischen
Kommission gefördert, eine europaweite Fernheilstudie,
an der 400 Heiler aus 21 Ländern Europas und 400 „Austherapierte“
beteiligt sind; in Basel wird der Versuchsleiter Dr. Harald
Walach von der Universität Freiburg darüber berichten.
- Versuche mit Zielobjekten, denen wir schwerlich zutrauen
würden, auf Placebos hereinzufallen. Geistheilern wie
Geoffrey Boltwood, Dr. Nicola Cutolo, Christos Drossinakis
und Dr. Alexander Rasin gelang es in mehreren Tests, bei
Laborratten, Pflanzensamen bzw. Einzellern biologisch rätselhafte
Veränderungen hervorzurufen.
- Etliche biophysikalische Messtechniken, die in Basel vorgestellt
werden, weisen Anomalien nach, während Heiler arbeiten:
Die EEG-Spektralanalyse von Günter Haffelder zeigt
sie in den Gehirnwellen von Versuchspersonen, selbst wenn
diese nicht wissen, wann und wie lange sie fernbehandelt
werden; die Thermografie macht sie mittels Infrarotkameras
an Temperaturveränderungen von Hautstellen sichtbar,
auf die sich Heiler konzentrieren; die GDV-Technik des russischen
Physikprofessors Dr. Konstantin Korotkov (Technische Universität
St. Petersburg) findet sie in Bioelektrografien von Fingerkuppen;
die Biophotonen-Analyse, die der niederländische Biologe
Prof. Dr. Roeland van Wijk (Universität Utrecht) vorstellen
wird, weist sie in Lichtemissionen aus den Händen von
Heilern nach.
Der
bulgarische Physiker Professor Dr. Anton Antonov von der
Universität Blagoevgrad wird in Basel ein Testverfahren
vorstellen, das rätselhafte Veränderungen im Energiespektrum
von Wasserproben aufspürt, nachdem Geistheiler darauf
eingewirkt haben; noch bis zu dreieinhalb Monate später
bleiben sie physikalisch messbar. (Mehrere dieser Messtechniken
werden Kongressbesucher in einem „Testlabor“
im Foyer, innerhalb des Rahmenprogramms „Forum“,
selber ausprobieren können.)
Inwieweit sich diese Verfahren, einzeln oder kombiniert,
für eine Qualitätskontrolle von Geistheilern eignen,
bleibt abzuwarten. Denn niemand weiss bisher, ob sie bloss
Rand-phänomene erfassen, die den Heilvorgang begleiten
wie der Rauch das Feuer – oder ob sie tatsächlich
zum Kern der vermeintlichen „Energieübertragung“
vorstossen, wie sie zumindest Könner zustande bringen.
Wissenschaftler wie Professor Antonov hoffen, dass sich
auf diesem Weg die Spreu vom Weizen trennen lässt:
„Jeder Heiler sollte unserem Test unterzogen werden
– der öffentlichen Gesund-heit zuliebe.“
Die Hoffnung des Professors trügt hoffentlich nicht.
Denn Heilerprüfungen, wie sie von Instituten und Verbänden
bisher praktiziert werden, mangelt es an wissenschaftlicher
Fundierung – und dadurch an Glaubwürdigkeit auch
für Aussenstehende. Erkundet werden dabei soziale,
insbesondere kommunikative Kompetenzen; die Technik der
jeweiligen Heiltradition, ihre Geschichte und zugrundeliegende
Theorie; Paragraphenkenntnisse von einschlägigen Sanitäts-gesetzen
und Ehrenkodices usw. Doch selbst wenn ein Lehrling all
dies einer Prüfungskommission unter Beweis gestellt
hat, bleibt immer noch die Frage: Kann er wirklich heilen?
Das
heisst: (a) Ist er imstande, bei einem signifikant hohen
Anteil von Patienten gegen medizinische Prognosen gesundheitliche
Fortschritte zu erreichen? Und (b) gelingt ihm dies nicht
bloss als laienhafter Psychotherapeut und Suggestivkünst-ler,
sondern indem er eine physika-lisch noch unergründete
„Energie“ zu therapeutischen Zwecken einzusetzen
versteht? Nichts, was derzeit in Abschlussprüfungen
von Lehrinstituten und Prüfungskommissionen von Heilerverbänden
zur Anwendung kommt, ist auch nur annähernd geeignet,
diese beiden Fragen zu beantworten; die Intuitionen von
Prüfern, Probebehandlungen an Testpersonen oder Empfehlungsschreiben
von ein paar Patienten oder Heilerkollegen sind jedenfalls
fragwürdige Kriterien, die allenfalls esoterische Insider
zufriedenstellen. Bürgt allein schon die schiere Anzahl
solcher Prozeduren für ihre Qualität? („Gegen
3000 Prüfungen haben gezeigt, dass wir damit ein aufschlussreiches,
klares und brauchbares Bild erhalten“, verbreitet
ein Heilerverband in einem Selbstporträt.)
Ähnlich
in Eigenlob schwelgte einst wohl die Heilige Römische
Inquisition: Belegen Hunderttausende erfolgreich abgeschlossener
Hexenprozesse nicht eindrucksvoll ihre Kompetenz, Hexen
„aufschlussreich, klar und brauchbar“ zu identifizieren?
Ein wissenschaftlich fundierter Heiler-Test könnte
heutige Prüfungskommissare bescheidener machen, zu
mehr Verbraucherschutz im Gesundheitswesen beitragen –
und der Szene bei der Selbstreinigung von Mittelmass und
Nichtskönnern behilflich sein. Von bisher knapp 200
getesteten Personen, die sich als Heiler bezeichneten, erwiesen
sich in Antonovs Test allerdings nur 12 als „erstklassig“,
weitere 23 als „zweitklassig“. Der Rest fiel
durch. Auf die rund zehntausend Geistheiler im deutschsprachigen
Raum hochgerechnet, würde das bedeuten: Gerade mal
60 von ihnen leisten energetisch Herausragendes. (HW)
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